Forschungsreisen nach Mittelasien erlebten zwischen 1890 und 1930 eine Konjunktur. Obwohl die Wissenschaft und Gesellschaft des Kaiserreichs und der Weimarer Republik maßgeblich von Expeditionen geprägt waren, sind sie in der deutschen Geschichtsschreibung bislang kaum thematisiert worden.
Dabei liegt ihre Bedeutung nicht nur in der Erkundung und Erforschung von aus europäischer Perspektive als "unerschlossen" geltenden Regionen. Ihre Funktion liegt vielmehr auch darin, dass sie das heute fast vergessene Turkestan als deutschen Möglichkeitsraum erschlossen, der historische Alternativen zur späteren nationalsozialistischen Ostpolitik bot. In einer Zeit der beginnenden Dekolonisation vermittelte die Faszination an Turkestan Konzeptionen und Kategorien einer postkolonialen Weltordnung.