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Der Schlaf der Gerechten
ISBN/GTIN

Der Schlaf der Gerechten

Erzählungen
BuchGebunden
CHF25.90

Beschreibung

Anlässlich einer Lesung im Literaturhaus Basel fragte ich Wolfgang Hilbig, wovon denn die Erzählungen im damals noch nicht erschienenen Band "Der Schlaf der Gerechten" handelten. Hilbig überlegte einen Moment und sagte dann, die Erzählungen hätten eigentlich keine Handlung, sie handelten von Meuselwitz.
Meuselwitz heisst der Ort, an dem Hilbig 1941 geboren wurde und an dem er lange Zeit lebte, bevor er 1985 nach Westdeutschland übersiedelte. "Der Schlaf der Gerechten", wie auch schon frühere Werke, lässt darauf schliessen, dass Hilbig nie wirklich aus Meuselwitz weggekommen ist, diesem Ort südlich von Leipzig, der vorwiegend aus heruntergekommenen Industriebrachen besteht. Die in der Jugendzeit angesiedelten Texte vermitteln, dass Hilbig geradezu körperlich an Meuselwitz klebt, wo er sich fast zwanghaft in den Elementen, in Tümpeln, im Schlamm, in der Erde aufgehalten hatte. Mit Vorliebe unter der Oberfläche, in Kellern und Gruben.
Sofern in den Erzählungen überhaupt Ansätze von Handlungen zu erkennen sind, so scheinen diese lediglich dazu angetan zu sein, Zustände zusätzlich atmosphärisch zu untermalen. Der Mensch Hilbig hat kaum Erinnerungen an Tätigkeiten, von denen er berichten will; an einer Stelle schreibt er, das Fehlen von Erinnerungen behindere ihn als Schriftsteller. Umso erstaunlicher sind Wucht und Kraft seiner Sprache. Starke Bilder zeugen von seinen Erfahrungen als Trinker, die in die Ausweglosigkeit führten - sowohl volle als auch leere Flaschen blitzen als Menetekel auf. Rückhaltlose Offenheit bis hin zur Selbstbezichtigung prägt Hilbigs Stil.
Wer nach den Gründen für Hilbigs Daseins- und Ausdrucksform sucht, findet einen Ansatzpunkt in der letzten Erzählung im Band, "Der schwarze Mann". Darin macht sich ein früherer Stasi-Mann an den Erzähler heran, um ihm von seiner Überwachungstätigkeit zu berichten. Der Geheimdienstler streicht heraus, dass er den Schriftsteller vor politischen Repressalien beschützt habe. Schmeichlerisch gesteht er ihm die Bewunderung für die Liebesbriefe, die der Schriftsteller einer A. geschrieben hatte. Er habe durch diese Briefe selber Gefühle für A. entwickelt und auf die Beziehung Einfluss genommen, indem er Briefe und Karten zurückbehalten habe. Dass er durch diese Anmassung des Schriftstellers Beziehung zu A. vielleicht gar zerstört hatte, macht ihn nicht wirklich schuldbewusst, er wirkt eher schmierig-kumpelhaft. Man gewinnt den Eindruck, dass in der DDR mit der Verhinderung von echter Intimität auch das Entwickeln von Individualität verhindert wurde, was es den Menschen verunmöglichte, nach der Wende ihren eigenen Weg zu finden, weil sie "keinen Begriff von sich selbst" hatten, wie er es in dieser Erzählung ausdrückt.
Beeindruckend, was Hilbig seiner belasteten Existenz an Literatur abringt.

Rezension: Stephan Winiger

Weitere Beschreibungen

Details

ISBN978-3-10-033624-8
ProduktartBuch
EinbandartGebunden
Erscheinungsdatum20.02.2003
Auflage2. Aufl.
Reihen-Nr.1006945
Seiten192 Seiten
SpracheDeutsch
Weitere Details

Autor:in

Wolfgang Hilbig, geboren 1941 in Meuselwitz bei Leipzig, gestorben 2007 in Berlin, übersiedelte 1985 aus der DDR in die Bundesrepublik. Er erhielt zahlreiche literarische Auszeichnungen, darunter den Georg-Büchner-Preis, den Ingeborg-Bachmann-Preis, den Bremer Literaturpreis, den Berliner Literaturpreis, den Literaturpreis des Landes Brandenburg, den Lessing-Preis, den Fontane-Preis, den Stadtschreiberpreis von Frankfurt-Bergen-Enkheim, den Peter-Huchel-Preis und den Erwin-Strittmatter-Preis.
Im S. Fischer Verlag erscheint die siebenbändige Ausgabe seiner Werke, »eine der wichtigsten Werkausgaben der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur« (Uwe Schütte, Wiener Zeitung).

Wolfgang Hilbig
WERKE
Band I GEDICHTE
Band II ERZÄHLUNGEN UND KURZPROSA
Band III DIE WEIBER - ALTE ABDECKEREI -
DIE KUNDE VON DEN BÄUMEN (Erzählungen)
Band IV EINE ÜBERTRAGUNG (Roman)
Band V »ICH« (Roman)
Band VI DAS PROVISORIUM (Roman)
Band VII ESSAYS, REDEN, INTERVIEWS

Literaturpreise:

1983 Brüder-Grimm-Preis
1985 Förderpreis der Akademie der Künste, Berlin
1987 Kranichsteiner Literaturpreis
1989 Ingeborg-Bachmann-Preis
1992 Berliner Literaturpreis
1993 Brandenburgischer Literaturpreis
1994 Bremer Literaturpreis
1996 Literaturpreis der Deutschen Schillerstiftung, Dresden
1997 Lessingpreis des Freistaates Sachsen
1997 Fontane-Preis der Berliner Akademie der Künste
1997 Hans-Erich-Nossack-Preis (Kulturkreis d. dt. Wirtschaft)
2001 Stadtschreiberpreis von Frankfurt-Bergen-Enkheim
2002 Peter-Huchel-Preis für deutschsprachige Lyrik
2002 Georg-Büchner-Preis
2002 Walter-Bauer-Literaturpreis der Stadt Merseburg
2007 Erwin-Strittmatter-Preis des Landes Brandenburg

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